Ein neuer Brandherd hat sich aufgetan. Die innenpolitische Lage der Türkei ist nicht erst seit gestern schwierig. Im Land zwischen religiös- konservativen Kräften jenseits des Bosporus und westlich orientierten Zeitgeistern z.B. in der Metropole hat sich eine Spaltung ereignet, die der konservative Präsident Erdogan nicht verhindern konnte. Nach außen wird diese verschiedene Lebensauffassung durch Kopftücher oder Verschleierung auf der einen, Miniröcke und Make up auf der anderen Seite deutlich. Moderne Frauen mögen sich nicht länger als „graue Mäuse“ durch das Leben bewegen.
Konservative Menschen in der Türkei sehen dieser Entwicklung mit Sorge und Ärger entgegen. Der gescheiterte Putschversuch ist die logische Konsequenz auf die innere Spaltung, zumal der türkische Präsident mit allen Mitteln versucht, Andersdenkende und -handelnde rigoros zum Schweigen zu bringen, insbesondere die Presse. In einem demo-
kratischen Staatsgefüge ist jedweder militärisch fundierte Aufstand eine Farce, zumal die Türkei Mitglied der Nato ist. Das kann Erdogan allerdings mit einem Federstrich ändern. Putin würde das sicherlich mit dessen Politik entgegenkommen.
Man mag Erdogan vorwerfen, er gestalte seinen Amtssitz nach dem Muster Ludwig des IV. in reinster Verschwendungssucht. Natürlich beobachten die Europäer das mit Argusaugen, zumal der türkische Präsident auf der anderen Seite eine Annäherung an die EU sucht.
Doch das war gestern.
Der „Kuhhandel“ zwischen Merkel und Erdogan, Flüchtlingswellen von der EU fernzuhalten gegen Reisefreiheit der türkischen Bürger in die EU-Länder, ist die Quintessenz aus falscher „Wir schaffen das“-Kalku-
lation.
Die BRD zeigt sich souverän, lässt „Deutschtürken“ mit Halbmondfahnen
für Erdogan in Deutschland demonstrieren. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn sich in Istanbul ein paar tausend „Türken-deutsche“ unter schwarz-rot-goldenem Banner versammeln würden.
Das Phänomen, sich fern der Heimat an die alten Gepflogenheiten zu erinnern, diese zu pflegen, ist keinesfalls eine Erfindung der Türken.
Diese Vorgänge finden wir auch bei deutschen Einwanderern oder „Zugezogenen“, z.B. in Russland oder Amerika, die dort die heimatliche Kultur pflegten und noch immer pflegen. Ein böses Erwachen findet dann statt, wenn Rückkehrer im ehemaligen Heimatland nichts Vertrautes mehr vorfinden und von den inzwischen neuen Bewohnern der alten Heimat als „Fremde im eigenen Land“ betrachtet und behandelt werden.